Frequenz. Prototyp. Schema.

Die Arbeit entwickelt ein gebrauchsbasiertes Modell zur Entstehung grammatischer Varianten. Dieses wird auf drei Variationsphaenomene angewandt: Variation in der Konjugation (geglimmt/geglommen), Variation in der Deklination (des Baeren/Baers) und Variation in der Selektion zwischen haben und sein im Perfekt (ich bin/habe Auto gefahren). Zudem wird das Modell psycholinguistisch ueberprueft. Das Modell greift auf den gebrauchsbasierten Ansatz der Kognitionslinguistik zurueck und erarbeitet Frequenz, Prototyp und Schema als grundlegende Einflussfaktoren darauf, wie wahrscheinlich Variation und Stabilitaet in einem Sprachsystem sind: Bei allen Variationsphaenomenen sind neben der Variation auch stabile Verwendungen zu beobachten (geflogen/_gefliegt, des Matrosen/_des Matroses, ich bin gegangen/*ich habe gegangen). Im theoretischen Teil der Arbeit werden Frequenz, Protoyp und Schema als kognitive Einflussfaktoren auf Variation und Stabilitaet modelliert und anschliessend ihr Einfluss auf die drei Variationsphaenomene theoretisch beleuchtet. Im empirischen Teil der Arbeit wird der Einfluss der Faktoren Frequenz, Prototyp und Schema anhand von Reaktionszeitmessungen ueberprueft. Das in der Arbeit entwickelte Modell fasst Variation und Stabilitaet von Sprache probabilistisch und prognostiziert auf diese Weise Variation. Der Rueckgriff auf Reaktionszeiten erlaubt es, in der Sprachverarbeitung Variationspotential zu erkennen, das noch nicht im Sprachgebrauch sichtbar ist. Die Arbeit verdeutlicht damit den zentralen Stellenwert, den Variation in der Sprache einnimmt, erweitert mit der Verbindung aus Kognitions- und Psycholinguistik bestehende Forschung und ermoeglicht einen systematischen, empirisch ueberpruefbaren Zugang zu Variation.