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This title is printed to order. This book may have been self-published. If so, we cannot guarantee the quality of the content. In the main most books will have gone through the editing process however some may not. We therefore suggest that you be aware of this before ordering this book. If in doubt check either the author or publisher’s details as we are unable to accept any returns unless they are faulty. Please contact us if you have any questions.
Die Entwicklung der Psychiatrie ist von jeher durch die eigenartige Sonder- und Doppelstellung dieses Faches belastet gewesen. Mit dem Leib-Seele- Problem, also mit der Frage, wie Koerper und Geist zusammenhangen, braucht sich der Psychiater nicht unbedingt auseinanderzusetzen; dass sie zusammen- gehoeren und in jedem Menschen zu einer Einheit verschmelzen, darf er nicht ubersehen. Die Geschichte der letzten hundert Jahre - alter ist die Psychiatrie als Wissenschaft nicht - hat das eindringlich gezeigt. Noch KANT wollte fur die Beurteilung seelischer Stoerungen nicht den Arzt, sondern den Philosophen fur zustandig halten, und kurz nach ihm hatte ein deutscher Professor, HEINROTH in Leipzig, mit viel Gelehrsamkeit zu beweisen versucht, dass alle Geisteskrankheiten aus ungezugelten Leiden- schaften und die Wahnideen aus einem lasterhaften Leben entstunden. Dann schlug das Pendel zuruck; mit dem gewaltigen Aufschwung der Naturwissen- schaften in der Mitte des vorigen Jahrhunderts setzte sich auch in der Medizin eine rein materialistische Einstellung durch, die in ihren Folgerungen beinahe ebenso geradlinig war. Aus dieser Zeit stammt KARL VOGTS geschmackloser Satz: Das Gehirn sondert die Gedanken ab wie die Leber die Galle. Da sich die Seele aber weder auf dem Sektionstisch noch in mikroskopischen Bildern nachweisen liess, so tat man jetzt einfach, als ob es gar keine gabe: ihre gesunden wie ihre kranken AEusserungen wurden, um sie wissenschaftlich salonfahig zu machen, in eine hirnphysiologische Sprache ubersetzt; Assoziationen, Dissoziationen, Sejunk- tionen und psychische Reflexboegen wurden beschrieben, geistige Zusammen- hange aber, seelische Eigenschaften, menschliche Hoffnungen, Wunsche und Sorgen kaum noch erwahnt.
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Die Entwicklung der Psychiatrie ist von jeher durch die eigenartige Sonder- und Doppelstellung dieses Faches belastet gewesen. Mit dem Leib-Seele- Problem, also mit der Frage, wie Koerper und Geist zusammenhangen, braucht sich der Psychiater nicht unbedingt auseinanderzusetzen; dass sie zusammen- gehoeren und in jedem Menschen zu einer Einheit verschmelzen, darf er nicht ubersehen. Die Geschichte der letzten hundert Jahre - alter ist die Psychiatrie als Wissenschaft nicht - hat das eindringlich gezeigt. Noch KANT wollte fur die Beurteilung seelischer Stoerungen nicht den Arzt, sondern den Philosophen fur zustandig halten, und kurz nach ihm hatte ein deutscher Professor, HEINROTH in Leipzig, mit viel Gelehrsamkeit zu beweisen versucht, dass alle Geisteskrankheiten aus ungezugelten Leiden- schaften und die Wahnideen aus einem lasterhaften Leben entstunden. Dann schlug das Pendel zuruck; mit dem gewaltigen Aufschwung der Naturwissen- schaften in der Mitte des vorigen Jahrhunderts setzte sich auch in der Medizin eine rein materialistische Einstellung durch, die in ihren Folgerungen beinahe ebenso geradlinig war. Aus dieser Zeit stammt KARL VOGTS geschmackloser Satz: Das Gehirn sondert die Gedanken ab wie die Leber die Galle. Da sich die Seele aber weder auf dem Sektionstisch noch in mikroskopischen Bildern nachweisen liess, so tat man jetzt einfach, als ob es gar keine gabe: ihre gesunden wie ihre kranken AEusserungen wurden, um sie wissenschaftlich salonfahig zu machen, in eine hirnphysiologische Sprache ubersetzt; Assoziationen, Dissoziationen, Sejunk- tionen und psychische Reflexboegen wurden beschrieben, geistige Zusammen- hange aber, seelische Eigenschaften, menschliche Hoffnungen, Wunsche und Sorgen kaum noch erwahnt.