Readings Newsletter
Become a Readings Member to make your shopping experience even easier.
Sign in or sign up for free!
You’re not far away from qualifying for FREE standard shipping within Australia
You’ve qualified for FREE standard shipping within Australia
The cart is loading…
This title is printed to order. This book may have been self-published. If so, we cannot guarantee the quality of the content. In the main most books will have gone through the editing process however some may not. We therefore suggest that you be aware of this before ordering this book. If in doubt check either the author or publisher’s details as we are unable to accept any returns unless they are faulty. Please contact us if you have any questions.
Elisabetha, geborene Scheuchzer, Witwe des Drechslermeisters Rudolf Keller, galt der alteren Literaturgeschichte als Beispiel einer Dichtermutter, die den schwierigen Werdegang ihres Sohnes unverbruchlich solidarisch begleitete. Ihr Ansehen wird heute durch das Urteil der genannten Autoren verdunkelt. Kaiser spricht ihr die Fahigkeit zur Gefuhlserziehung ab und damonisiert sie zur Eismutter und Meduse. Muschg stellt sie als beschrankte Person dar, deren achtjahrige Ehe mit dem Gesellen ihres fruhverstorbenen Mannes den Sohn psychisch schwer geschadigt und vermutlich physisch ‘verzwergt’ habe, - Ansichten, die der Konfrontation mit den kurzlich wiederentdeckten Prozessakten nicht standhalten: Elisabeth Keller wurde von ihrem zweiten Gatten wenige Monate nach der Eheschliessung verlassen und oeffentlich schwer gekrankt. Von einer konfessionell engherzigen Ehegerichtsbarkeit jahrelang hingehalten, setzte sie ihre Scheidung durch. Die Haltung, die sie vor Gericht bewies, unterstutzt die These, dass sie ihren beiden Kindern eine gute Mutter und Gefuhlserzieherin war. Nicht sie hat ihren Sohn verletzt, sondern Manner, welche von weiblichen Rechten gering dachten. Zu diesen mag auch der Prorektor und gewesene geistliche Eherichter Meyer gehoert haben, der Keller wegen eines Knabenstreiches von der weiteren Schulbildung ausschloss.
Frei von quellenkritischen Bedenken im Umgang mit Lebenszeugnissen, vereinnahmen Muschg und Kaiser den Dichter als Zeugen gegen seine Mutter und unterschatzen dabei seine Fahigkeit, ihr Liebes- und Eheschicksal geistig zu durchdringen. Die schutzende Haltung, die er ihr gegenuber einnahm, wird von einer bevormundenden Interpretation als Bemantelung ausgelegt, die Sohnesliebe als Begehrlichkeit, das Denkmal der Dankbarkeit, das er ihr im Grunen Heinrich setzte, als Strafphantasie. Insbesondere Muschg ist das negative Verdienst zuzusprechen, mit seiner Mutmassung uber die psychische Ursache von Kellers Kleinwuchsigkeit eines der unertraglichsten Geruchte in der deutschen Literaturgeschichte seit 1945 in Umlauf gesetzt zu haben.
$9.00 standard shipping within Australia
FREE standard shipping within Australia for orders over $100.00
Express & International shipping calculated at checkout
This title is printed to order. This book may have been self-published. If so, we cannot guarantee the quality of the content. In the main most books will have gone through the editing process however some may not. We therefore suggest that you be aware of this before ordering this book. If in doubt check either the author or publisher’s details as we are unable to accept any returns unless they are faulty. Please contact us if you have any questions.
Elisabetha, geborene Scheuchzer, Witwe des Drechslermeisters Rudolf Keller, galt der alteren Literaturgeschichte als Beispiel einer Dichtermutter, die den schwierigen Werdegang ihres Sohnes unverbruchlich solidarisch begleitete. Ihr Ansehen wird heute durch das Urteil der genannten Autoren verdunkelt. Kaiser spricht ihr die Fahigkeit zur Gefuhlserziehung ab und damonisiert sie zur Eismutter und Meduse. Muschg stellt sie als beschrankte Person dar, deren achtjahrige Ehe mit dem Gesellen ihres fruhverstorbenen Mannes den Sohn psychisch schwer geschadigt und vermutlich physisch ‘verzwergt’ habe, - Ansichten, die der Konfrontation mit den kurzlich wiederentdeckten Prozessakten nicht standhalten: Elisabeth Keller wurde von ihrem zweiten Gatten wenige Monate nach der Eheschliessung verlassen und oeffentlich schwer gekrankt. Von einer konfessionell engherzigen Ehegerichtsbarkeit jahrelang hingehalten, setzte sie ihre Scheidung durch. Die Haltung, die sie vor Gericht bewies, unterstutzt die These, dass sie ihren beiden Kindern eine gute Mutter und Gefuhlserzieherin war. Nicht sie hat ihren Sohn verletzt, sondern Manner, welche von weiblichen Rechten gering dachten. Zu diesen mag auch der Prorektor und gewesene geistliche Eherichter Meyer gehoert haben, der Keller wegen eines Knabenstreiches von der weiteren Schulbildung ausschloss.
Frei von quellenkritischen Bedenken im Umgang mit Lebenszeugnissen, vereinnahmen Muschg und Kaiser den Dichter als Zeugen gegen seine Mutter und unterschatzen dabei seine Fahigkeit, ihr Liebes- und Eheschicksal geistig zu durchdringen. Die schutzende Haltung, die er ihr gegenuber einnahm, wird von einer bevormundenden Interpretation als Bemantelung ausgelegt, die Sohnesliebe als Begehrlichkeit, das Denkmal der Dankbarkeit, das er ihr im Grunen Heinrich setzte, als Strafphantasie. Insbesondere Muschg ist das negative Verdienst zuzusprechen, mit seiner Mutmassung uber die psychische Ursache von Kellers Kleinwuchsigkeit eines der unertraglichsten Geruchte in der deutschen Literaturgeschichte seit 1945 in Umlauf gesetzt zu haben.