LESEPROBE Die Ost-West-Magistrale wechselte im Verlauf der letzten funfzig Jahre mehrfach ihren Namen. Sie war immer mehr als eine gewohnliche Strasse: ein Boulevard des Ostens zur Demonstration sozialistischen Stadtebaus und dessen Architektur, Spielfeld experimentellen Bauens, Ort militarischer Grossaufmarsche und der Proteste des Volkes, das langste europaische Kulturdenkmal. Wie nur wenige andere Strassen Berlins veranschaulicht die Karl-Marx-Allee/ Frankfurter Allee die wechselvolle Baugeschichte der Stadt im Kontext unterschiedlicher politischer Systeme und Ideologien. Die ehemalige Stalinallee darf dabei nicht nur auf den Zuckerbackerstil der Hauser zwischen Strausberger Platz und Proskauer Strasse reduziert werden, auch wenn dieser Abschnitt als stadtebauliches Denkmal eingestuft wird, vielmehr muss man sie in Zusammenhang stellen mit den teilweise erhaltenen Teilen der alten grunderzeitlichen Frankfurter Allee und dem sogenannten zweiten Bauabschnitt der Grossplattenbauten Richtung Alexanderplatz. Grundverschiedene Bauepochen und deren politisch-sozialer Hintergrund lassen sich entlang der Strasse wie in einem aufgeschlagenen Buch ablesen.