Fiktion des Anfangs: Literarische Kindheitsmodelle bei Jean Paul und Adalbert Stifter
Beatrice Mall-Grob
Fiktion des Anfangs: Literarische Kindheitsmodelle bei Jean Paul und Adalbert Stifter
Beatrice Mall-Grob
Vom spaten 18. Jahrhundert an wurde Kindheit in bislang unbekanntem Ausmass zum Gegenstand der Rede. Die vorliegende Arbeit untersucht, wie fiktionale Texte die Rede bereichert haben. Sie unterscheidet eine separierende Rede, die das Kind als Anderes in Distanz ruckt, von einer integrierenden Rede, die das Subjekt vom Lebensanfang her zu verstehen sucht. Im Zentrum der Untersuchung steht das produktive Zusammenspiel dieser Konzeptualisierungen in poetischen Texten von Jean Paul und Adalbert Stifter. Die Analyse zeigt, dass Fiktionalitat fremdartige Modellierungen der Psychogenese ermoeglicht, indem sich die Reden vom Kindlichen und vom Unbewussten asthetisch uberlagern. Kindheit als Goettliches oder als Wildes kann metaphorisch jene Leerstelle besetzen, die Erinnerung und Bewusstsein unzuganglich ist. Dass sich der Anspruch auf Lesbarkeit des Unbewussten, der sich in der Freudschen Psychoanalyse erneuert, gerade in der Fiktion geltend machen kann, verdeutlicht der Blick auf theoretische Texte beider Autoren. Der fiktionale Zugriff auf das Ungreifbare produziert aber auch Widerspruche. Mit den Parametern Lacans werden diese gegenlaufigen Textspuren in ihrer Subversitat wahrnehmbar.
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