Historische jiddische Semantik: Die Bibelubersetzungssprache als Faktor der Auseinanderentwicklung des jiddischen und des deutschen Wortschatzes
Erika Timm
Historische jiddische Semantik: Die Bibelubersetzungssprache als Faktor der Auseinanderentwicklung des jiddischen und des deutschen Wortschatzes
Erika Timm
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Die Sprache der jiddischen Bibelubersetzungstradition ist seit etwa 1400 in reichlichstem Masse durch Handschriften, seit etwa 1535 auch durch Drucke belegt. Ihren Hauptsitz im Leben hat sie im Chejder, der fast ganz dem Elementarstudium der hebraischen Bibel gewidmeten judischen Grundschule , wo vom Beginn des Aschkenasentums an mindestens die gesamte mannliche Halfte der Bevoelkerung ihre sprachlich formativsten Jahre verbrachte. Der Beitrag dieser UEbersetzungssprache zum Wortschatz (einschliesslich Wortbildung und Idiomatik), ja zur Morphologie der jiddischen Gemeinsprache wurde bisher eklatant unterschatzt. Die Studie erfasst (1) an Hand der ersten hebraisch-jiddischen Bibelkonkordanz (um 1535) moeglichst viele Elemente der Chejdersprache als diskrepant zur standarddeutschen Entwicklung und erklart sie (2) aus dem hebraischen Urtext (wobei haufig die vorjiddischen UEbersetzungen vom Targum bis zur judischfranzoesischen Tradition den Schlussel zum Verstandnis liefern). Sie erweist sie (3) auf dem Weg durch die Bibelglossare und -ubersetzungen als feste Bestandteile der Tradition und dokumentiert (4) ihr Einstroemen in die jiddische Gemeinsprache bis hin zum Standardjiddischen. Ausgewertet wurden rund 120 Texte vom Ende des 14. bis zum 18. Jahrhundert: Bibelglossare und -ubersetzungen, Epik, Lieder, Erzahlprosa, Briefe, Brauchtums-, Erbauungs-, Gebetsliteratur etc. Indem die Studie zeigt, wieviel die im westjiddischen Bereich entstandene UEbersetzungstradition - und durch welche Kanale sie es - dem Gesamtjiddischen vermittelt hat, ist sie zugleich eine Dokumentation der fundamentalen Einheit von West- und Ost-Aschkenas im Sinne von Salomo Birnbaum und Max Weinreich.
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